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«Wetter ist Chaos»

Für Alpiq als Energieunternehmen mit einem starken Wasserkraftwerkspark ist das Wetter von zentraler Bedeutung. Seine Vorhersage ist zunehmend ein bestimmender Faktor in unserem Geschäft. Martin Bolliger, Meteorologe in unserem Marktanalyse-Team, ordnet die wichtigsten Zusammenhänge ein – und gibt eine Wetterprognose für den nächsten Winter ab.

Martin Bolliger, Meteorologe bei Alpiq

Wir stehen vor dem nächsten Winter – und damit vor der Frage, ob die Wasserkraftreserve reichen wird. Gibt es aus meteorologischer Sicht Anhaltspunkte? Und sind verlässliche Wetterprognosen aktuell überhaupt möglich?

Zuerst einmal gilt es festzuhalten: Wetter ist Chaos – und das heisst die Wettervorhersage kann jederzeit ändern. Langfristvorhersagen wie zum Beispiel für den kommenden Winter sind mit besonders grosser Unsicherheit behaftet. Aber trotzdem sind sie wichtig, sie geben uns eine Tendenz oder einen Trend. Vor 15 Jahren habe ich mir diese Prognosen nicht angesehen. Heute aber schon, denn die Modellentwicklung in der Meteorologie hat sich stark entwickelt. Stand heute sehen die Wetter-Trends für das vierte Quartal 2023 eher entspannt aus. Will heissen: tendenziell eher wärmere Temperaturen, kombiniert mit Niederschlag. Im Vergleich zum Vorjahr sieht die Versorgungslage in Europa deutlich besser aus. Aber eine Garantie für einen entspannten Winter an den Strommärkten gibt es nicht. Die Nervosität im Markt ist immer noch hoch. 

Der Sommer 2023 war sehr heiss und trocken. Aus der Sicht des Meteorologen bei einem Energieunternehmen hat eine solche Wetterlage bestimmt nicht nur Vorteile, oder?

Ich würde sagen, der Sommer 2023 war für die Energiemärkte in Europa okay. Perioden mit starker Hitze wurden zwischendurch von einer kühleren Witterung abgelöst. Damit konnten sich Angebot und Nachfrage punkto Energie stabilisieren. Besonders kritisch wird es immer dann, wenn starke und korrelierte Wetter-Anomalien vorherrschen, wie zum Beispiel bei einer lang andauernden Hitzeperiode. Dies bedeutet nicht nur extreme Temperaturen, also erhöhte Nachfrage, sondern oft auch wenig Wind und Niederschlag, was ein reduziertes Angebot bedeutet. Und diese Wetterextreme haben in den letzten Jahren eher zugenommen als abgenommen. Eine Herausforderung, welche sich in Zukunft als Folge des Klimawandels eher verschärfen wird – leider, muss man hier sagen.

Warum sind Wetterprognosen so wichtig für eine Energieerzeugerin wie Alpiq – und inwiefern hat sich deren Relevanz über die Jahre verändert?

Das Wetter hat einen entscheidenden Einfluss auf die erneuerbare Energieproduktion von Wind, Solar aber auch Wasser. Das Wetter entscheidet, wann, wo und wieviel erneuerbare Energie produziert werden kann. Da sich die erneuerbare Energieproduktion in den letzten zehn Jahren in Europa massiv erhöht hat und zukünftig noch weiter ansteigen wird, hat die Wettervorhersage klar an Bedeutung gewonnen. Dies gilt nicht nur für den kurzfristigen Zeithorizont über die nächsten Tage. Immer mehr geht es auch um Wetterszenarien für den langfristigen Vorhersagebereich wie eingangs erwähnt. Diese Wetterabhängigkeit zeigt sich übrigens auch in Zahlen: In Deutschland betrug die Winderzeugung im Jahr 2010 knapp 40 TWh. Heute sind es über 120 TWh. Im Jahr 2028 könnten es gegen 200 TWh sein.

Inwieweit lassen sich durch präzise Vorhersagen Schwankungen absehen, um so die Stromerzeugung optimal zu planen und den Einsatz von Kraftwerken anzupassen?

Wettervorhersagen helfen einer Energieproduzentin wie Alpiq dabei, möglichst effizient Energie zu produzieren und damit einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit zu leisten. Schwankungen in der vorhergesagten Erzeugung sind eine Herausforderung und können für Stromproduzenten teuer werden. Die Unsicherheiten in der Erzeugung werden in der Meteorologie durch sogenannte «Ensemble»-Vorhersagen erfasst. Anstatt einer einzelnen Vorhersage werden viele gemacht, die eine quantitative Indikation liefern, welche Schwankungen möglich sind. Eine perfekte meteorologische Vorhersage ist jedoch keine Garantie, dass es keine Schwankungen geben wird. Wegen Netzengpässen kommt es zudem vermehrt zu Produktionskürzungen, wie wir es in Deutschland sehen. Wird das Netz überlastet, beispielsweise durch mehr Wind als erwartet, können Erzeugungseinheiten gekappt werden. Der Netzausbau in Europa hinkt dem rapiden Zubau der erneuerbaren Energien hinterher.

Von entscheidender Bedeutung sind die Vorhersagen insbesondere für den Energiehandel – was sind hier die Gründe? Und hast Du ein konkretes Beispiel dafür, wie Wetterprognosen den Handel beeinflussen?

Im Handel bestimmen Angebot und Nachfrage den Preis für die Energie. Das Wetter hat Einfluss auf beides. Eine windigere Wetterlage führt zu einem erhöhten Angebot an Windstrom. Es werden weniger teure thermische Kraftwerke wie Kohle oder Gas benötigt, um die Nachfrage zu decken. Die Folge ist: Die Preise fallen. Mit kalten Temperaturen kann das Wetter die Nachfrage nach Strom in die Höhe treiben, da mehr geheizt wird. Das wiederum führt zu steigenden Preisen. Das Wetter ist ein Puzzlestein bei der Energie-Preisbildung im Handel. Es ist mal mehr, mal weniger wichtig – aber immer präsent.
 
Welche Wetterdaten und Informationen bekommt ein Trader von Dir, damit er die Chancen und Risiken für den Handel bestmöglich einschätzen kann?

Das Ziel von uns Meteorologen ist es, den Händlern möglichst massgeschneiderte Wetterinformationen zu geben. Dazu machen wir mündliche und schriftliche Briefings, in welchen wir Einschätzungen der Wetterentwicklung in Europa geben. Dabei gilt es, die Komplexität der Wettervorhersagen herunterzubrechen in handelsrelevante Informationen. Wir analysieren Daten von verschiedenen Wettermodellen und quantifizieren den Wettereinfluss auf das Angebot und die Nachfrage. Die Kommunikation zwischen Händler und Meteorologe ist dabei entscheidend: Wir müssen zwingend dieselbe Sprache sprechen. Wenn ich als Meteorologe wie ein Händler denke, dann hilft das ungemein.
 
Und welche Parameter schaust Du Dir im Einzelnen an?

Wichtige sind die Temperatur sowie das Angebot an Wind, Solar und Wasser. Aber es gibt noch weitere spannende Parameter, die wir genauer betrachten: Aufgrund der internationalen Vernetzung des Handels gewinnt das globale Wetter immer mehr an Bedeutung. Ein Beispiel sind tropische Wirbelstürme. Hurrikane können planmässige Schifffahrtsrouten von Flüssiggas-Tankern stören und damit die Versorgung mit Gas verzögern. Für den Energiehandel ist dies ebenfalls relevant.