Was ist das Besondere und Neue an Juicar?
Es ist europaweit das erste E-Mobility-Angebot mit Full-Service-Charakter. Es beinhaltet ein Elektroauto, die passende Heimladestation, das öffentliche Laden, die Motorfahrzeugsteuer, die Versicherung sowie die Begleichung der Stromkosten. Alles aus einer Hand.
Worin seht ihr die grössten Hürden für die Elektromobilität im Alltag?
Auch wenn wir überzeugt sind, dass ein Elektroauto den Mobilitätsbedürfnissen unserer Zielgruppe gerecht wird, gibt es zahlreiche Einstiegshürden. Zum einen herrscht viel Unklarheit darüber, ob ein Elektroauto wirklich alltagstauglich ist. Die geringere Reichweite und teilweise langen Ladezeiten schrecken viele Kunden ab. Die Anschaffungskosten für ein Elektroauto sind relativ hoch und zum Wiederverkaufspreis fehlen schlichtweg noch Erfahrungswerte. Auch macht die Batterietechnik noch immer gewaltige Fortschritte, sodass die Preise langfristig sinken werden. Zum anderen gibt es Hürden auf der Angebotsseite. Lange Lieferzeiten und unzureichende Einführung in den Ladevorgang sowie Händler, die proaktiv vom Kauf eines Elektroautos abraten, weil sie daran viel weniger bis gar nichts verdienen. Um all diese Hürden aus der Welt zu schaffen, haben wir dann Juicar entworfen.
Kann sich für Juicar jeder anmelden?
Die Nachfrage ist relativ hoch, die Anzahl der verfügbaren Elektroautos zunächst begrenzt. Interessenten können sich einfach bewerben. Seitens Juicar setzen wir alles daran, die Nachfrage rasch zu bedienen. Sollte auch eine Heimladestation gewünscht sein, prüfen wir auch die individuelle Parksituation und ob eine Installation technisch und rechtlich möglich ist.
Wie ist die Lösung entstanden?
Ursprünglich wollten wir ein Problem von Privathaushalten mit einer Solaranlage lösen, nämlich den Eigenversorgungsgrad mit einem Batteriespeicher und einen möglichst grossen Verbraucher optimieren. Dazu wollten wir ein Elektroauto einsetzen. Dessen Energiebedarf ist mit dem eines kleinen Haushalts zu vergleichen und es erlaubt die Rückspeisung des gespeicherten Sonnenstroms. Für Solaranlagenbesitzer ist die Anschaffung eines Elektroautos ein absolut logischer Schritt. Unsere potenziellen Kunden haben uns in der Pilotphase gesagt, wo ihre Bedürfnisse für eine alltagstaugliche Elektromobilität genau liegen. Und wir haben gut zugehört.
Wer braucht eine alltagstaugliche E-Mobility besonders?
Bei unseren potentiellen Kunden handelt es sich um junge Familien mit Eigenheim im vorstädtischen Raum und nahezu einheitlichen Mobilitätsbedürfnissen. Sie besitzen in der Regel zwei Fahrzeuge: das grosse Familienauto für längere Strecken und Urlaube sowie einen Kleinwagen für alltägliche Erledigungen im Ort. Damit ein Elektroauto eines der beiden Fahrzeuge ablösen kann, waren vor allem folgende Dinge ausschlaggebend: die Reichweite, der Preis pro gefahrenen Kilometer, der Fahrzeugtyp und die Anschaffungsfinanzierung.
Innerhalb eines halben Jahres habt ihr das fertige Produkt auf den Markt gebracht. Welche Herausforderungen gibt es jetzt noch?
Natürlich sehen wir den Produktionsengpass der Automobilindustrie. Unsere Partner haben uns aber eine bevorzugte Behandlung zugesichert, sodass einer Bedienung unserer „Early Adopter“ nichts im Wege stehen sollte. Letztendlich geht es darum, Märkte schnell und mit starken Partnern zu besetzen, bevor die Automobilindustrie schneller und der Konkurrenzdruck grösser wird.
Wie viele Kunden hat Juicar bereits und wie viele kann man überhaupt aufnehmen?
Wir starten zunächst klein und mit weniger als 50 Fahrzeugen pro Land. Im Erfolgsfall planen wir jedoch ein schnelles „Ramp-Up“.
Kommt nach der Lancierung in Deutschland und der Schweiz die Ausweitung auf ganz Europa? Oder soll sich das Produkt erst einmal hier etablieren?
Ganz klar Ausweitung. Es geht um den „First Mover Advantage“, also darum, der Erste in möglichst vielen europäischen Ländern zu sein. Der Fokus liegt derzeit noch auf der Deutschschweiz, soll aber bald ausgeweitet werden. Unsere Vision ist es, Juicar zu einem europäischen Produkt zu machen. Dabei sind die grössten Herausforderungen, weitere Märkte zu erschliessen und gemeinsam mit unseren Partnern zu skalieren. Zudem existieren Möglichkeiten zur Weiterentwicklung von Juicar, z.B. für Geschäftskunden.
Euer Mutterkonzern Alpiq darf in der Schweiz gar keinen Strom an Kleinverbraucher vertreiben. Wie funktioniert die Stromversorgung, die auch Teil des Abos ist?
Tatsächlich vertreiben wir keinen Strom in der Schweiz. Das muss über den lokalen Versorger erfolgen. Allerdings erstatten wir unseren Premiumkunden die Energiekosten, die für das Elektroauto anfallen. So gewährleisten wir, dass der Kunde kein finanzielles Risiko trägt. Schliesslich wollen wir alle Fragezeichen rund um Elektromobilität eliminieren.
Das Oyster Lab ist der sogenannte Cleantech Incubator von Alpiq. Was bedeutet das eigentlich?
Ein Inkubator gründet Startup-Unternehmen am Fliessband. Das Oyster Lab besteht aus einem interdisziplinären Team aus Business Experten, Designern und Software-Ingenieuren, die neue Geschäftsideen entwickeln und die zugrundeliegenden Hypothesen sehr rasch mit echten Kunden prototypisch erproben. Erfolgsversprechende Ideen werden bis zur Marktreife geführt und dann als Joint Venture ausgegründet oder zu Alpiq transformiert. Ideen, die kein Kundenproblem adressieren oder deren wirtschaftliches Potential als zu gering eingestuft werden, landen schnell im Papierkorb. Alle Geschäftsideen, die wir verfolgen, basieren letztendlich auf Technologien, die den negativen Umwelteinfluss reduzieren. Es geht um Nachhaltigkeit. Daher Cleantech.
Das Oyster Lab ist also nicht auf Elektromobilität eingeschränkt. Woran tüftelt ihr momentan?
Unser Auftrag ist die klare Fokussierung auf Endkunden. Das strategische Ziel ist der Zugang zum Haus mittels einer digitalen Lösung. Seit Gründung des Oyster Labs wurden bereits zahlreiche Ideen in den Bereichen der dezentralen Energieerzeugung, Mobilität der Zukunft, Elektromobilität, Internet of Things (IoT) oder Smart Home generiert, getestet und iteriert – und natürlich auch verworfen. Hier kooperieren wir auch mit Universitäten und anderen Organisationen, um möglichst schnell viele Konzepte zu entwickeln. Absehbar ist, dass wir im dritten Quartal 2018 mit einem zweiten Projekt in die nächste Phase gehen. An Ideen mangelt es uns nicht, eher an personellen Ressourcen.
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